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26. Mai 2025
Fußball, wie er sein soll
Das „Grümpeli Appenzell Event“ in der Schweiz ist für Fußballfans jedes Jahr ein Highlight. Auch Janina Zilligen, eine junge Fußballspielerin der Rabenhof Kickers, durfte das Event in diesem Jahr miterleben.
Nach vielen Spielen in der Ostalbliga über das Sportangebot PFIFF wurde Friedrich Quien „Fritz“ (Diversity Coach der Football is More-Family), bei einem Spiel auf sie aufmerksam und bot ihr an, in der Schweiz beim „Grümpeli“ für das Inklusionsteam des VfB Stuttgart anzutreten. Den Rabenhof Kickers bleibt sie zum Glück weiterhin treu und ist bei Turnieren und im Training dabei.
Fußball ist ihre Leidenschaft, und mit ihrer Begeisterung steckt sie viele weitere Rabenhof-Kickers an. Für das nächste Jahr hat sich schon ein ganzer Fanclub angekündigt, der gerne mitfahren möchte. Beim „Grümpeli“ geht es nicht nur um Fußball, sondern vor allem um ein starkes Miteinander und den Spaß am Sport. Es geht nicht ums Gewinnen oder darum, wer der oder die Beste ist, sondern darum, dass alle Menschen teilnehmen können und Teil der Gemeinschaft sind. Während der Inklusionsspiele (an denen Menschen mit und ohne Behinderung teilnahmen) spürte man den Zusammenhalt und die Freude am Spiel.
Eine besonders einprägsame Situation schilderte sie, die ihr noch einmal deutlich vor Augen geführt hat, wie wichtig es ist, alle Menschen einzubinden: Ein junger Mann mit Down-Syndrom hatte ein Tor geschossen – damit hatte niemand gerechnet, er selbst auch nicht. Als der Ball im Netz landete, rannte er voller Euphorie über den Platz und konnte es selbst kaum glauben. Die Menge jubelte und feierte ihn. Natürlich war es nur eines von vielen Toren an diesem Wochenende – aber für ihn war es SEIN Highlight!
Ob Fußballfan oder nicht – dieses Event reißt alle mit und macht eines ganz deutlich: Fußball muss Spaß machen – denn Spaß verbindet.
An diesem Wochenende kamen über 220 Teams aus ganz Europa zusammen, um gemeinsam Fußball zu spielen und das Miteinander zu feiern. Auch wenn es nicht ums Siegen ging, war Janina besonders stolz darauf, im Spiel gegen Chelsea zwei Tore geschossen zu haben. Die Partie endete mit 6:2 für ihre Mannschaft. Nicht nur sie, ihr Trainer und das Team sind stolz auf ihre Leistung – auch wir vom Rabenhof Ellwangen (Habila GmbH) freuen uns sehr, eine so engagierte Fußballerin bei uns zu haben.
Start im Familienunternehmen
Vier Firmen aus ganz verschiedenen Branchen erklärten sich nach einiger Suche schließlich zu dem Experiment bereit. Im September startete die erste Gruppe mit vier Teilnehmer*innen ihre Praktikumswoche bei der Firma Betzold. Unter dem Motto „Gemeinsam für Bildung“ ist das Familienunternehmen seit mehr als 50 Jahren Ausstatter für Schulen, Bildungseinrichtungen, Kindergärten und Krippen.
Unterstützt von Bildungsbegleiterin Uta Hiller, wurden im Logistikzentrum des Betriebs aus einzelnen Produkten fertige Sets zusammengestellt, die es anschließend zu verpacken und auf Paletten zu stapeln galt. Andere Produkte mussten für den Verkauf fertiggestellt werden. Zum Beispiel aus einem Biokunststoff mit Holzfasern gegossene Laufstelzen, die noch mit Schnüren und Etiketten zu versehen waren.
Die Arbeitstage endeten mit einem gemeinsamen Essen in der Betriebskantine. Die Klient*innen des Rabenhofs waren sich einig: Manche Abläufe in einem Betrieb, der mehr als 100.000 verschiedene Artikel an seine Kunden liefert, sind komplexer, anspruchsvoller und erfordern mehr Konzentration, als sie das von der Rabenhof-Werkstatt kannten. Das machte die Tätigkeiten zwar anstrengend, aber man ging am Ende des Arbeitstags auch mit einem Gefühl der Zufriedenheit nach Hause. Das gemeinsame Fazit: Man hatte gerne mitgearbeitet und sich als Teil der Firma gefühlt.
Vollautomatisch und mit Handarbeit
Eine Woche später trat die zweite Gruppe ihre Arbeitswoche bei der Firma Multipac an. Der Dienstleister mit rund 200 Mitarbeitenden bietet seinen Kunden Unterstützung in allen Fragen rund um Verpackung und Montage an, von flexiblen Handarbeitsplätzen bis hin zu vollautomatischen Fertigungslinien.
Fünf BBB-Klient*innen gingen mit Bildungsbegleiterin Katrin Meyer in die großen Werkshallen und falteten dort Kartons, verpackten und etikettierten Batterien und stapelten die bestückten Kartons auf Paletten. Dafür teilte sich die Gruppe auf. Das sorgte nicht nur für Abwechslung, sondern auch für eine Zusammenarbeit mit der Stammbelegschaft. Die Möglichkeit, die Teilnehmer*innen in die normalen Abläufe und die Mitarbeiterschaft zu integrieren, war der Firma besonders wichtig.
Dieser Aspekt wurde hinterher auch von den Rabenhof-Klient*innen besonders hervorgehoben. Neue und nette Menschen habe man in dieser Woche kennengelernt – aber auch einen anstrengenden Arbeitsalltag. Auch die Multipac-Mitarbeiter empfanden das Projekt als Bereicherung.
Kleine Aktiengesellschaft für Käse
In der zweiten Oktoberhälfte machte sich eine dreiköpfige Gruppe auf den Weg, um Einblicke in eine ganz andere Branche zu gewinnen. In der Dorfkäserei Geifertshofen werden jährlich aus 2,3 Millionen Litern Bio-Heumilch auf traditionelle Weise zwölf verschiedene Sorten Käse hergestellt. Die Milch wird von regionalen Landwirten geliefert. Zunächst einmal stand eine Hygieneschulung auf der Tagesordnung. Mit der passenden Schutzkleidung ausgestattet bestand die Aufgabe anschließend darin, Käselaibe mit Hilfe der vollautomatischen Schneidemaschine zu zerteilen und die Portionen zu verpacken, zu vakuumieren und zu etikettieren.
Ein Teilnehmer interessierte sich aufgrund seiner beruflichen Ausbildung ganz besonders für den technischen Bereich. Gemeinsam mit dem Techniker der Käserei nahm er die verschiedenen Maschinen unter die Lupe. Sein Fazit: „Hier würde ich sofort anfangen!“
Auch die anderen waren begeistert – von der Tätigkeit ebenso wie vom Arbeitsklima. Das Team der Käserei nahm die Gruppe wertschätzend auf und erläuterte die Abläufe genau. „Ich habe es geschafft und bin stolz auf mich“ und „Es hat Spaß gemacht und ich habe viel gelernt“ lauteten zwei beispielhafte Kommentare. Dass es nach der abschließenden Führung durch die Produktion für die Teilnehmenden auch noch eine große Käsetüte als Geschenk gab, trug ebenfalls zum rundum positiven Erlebnis bei.
Einzelpraktika in Aussicht
Die Hürden, um auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, sind für Menschen mit psychischen oder mehrfachen Einschränkungen oft hoch. Da sind die vielen neuen Menschen, die man nicht kennt und von denen man nicht weiß, wie sie auf einen reagieren. Da ist auch die Unsicherheit, nicht zu wissen, wo die richtige Anlaufstelle in der Firma bei einem Problem ist, und vielleicht nicht schnell genug zu verstehen, wie eine Arbeit erledigt werden soll.
Das alles beschäftigt auch die Klient*innen im Berufsbildungsbereich des Rabenhofs und kann sie davon abhalten, selbstständig den Schritt in ein Außenpraktikum zu wagen. Mit dem Projekt der begleiteten Praktikumswochen konnten manche dieser Ängste und gegenseitige Vorurteile abgebaut werden. Manche Teilnehmer*innen waren so begeistert, dass sie nun als nächsten Schritt Einzelpraktika anstreben.
| Ramona Appel